Immer häufiger tritt das Phänomen der negativen Bewertungen/Rezensionen im Internet auf. Beispielhaft sind hier die Plattformen Google oder auch Kununu genannt. Ob tatsächlich eine rechtlich unzulässige Bewertung vorliegt, bedarf einer rechtlichen Prüfung im Einzelfall, da auch gegenüber Suchmaschinen wie Google oder dem Arbeitgeber-Bewertungsportal kununu, eine Löschungsaufforderung immer sachlich sowie einzelfallbezogen begründet werden muss. Hier spielt auch die Abgrenzung zwischen den grundsätzlich zulässigen Meinungsäußerungen und unzulässigen Tatsachenbehauptungen eine wichtige Rolle.
Bei der heute üblichen Informationsbeschaffung über Suchmaschinen (beispielsweise Google, Bing) sind für viele Interessierte die Bewertungen im Internet ein wichtiger Faktor bei der Frage, ob ein ein Unternehmen oder ein Arzt kontaktiert wird. Dabei hat Google die führende Rolle bei den Suchmaschinen inne. Die Bedeutung und Marktmacht von Google ist inzwischen so groß, dass heute nicht mehr einfach nur im Internet gesucht oder recherchiert wird. Es wird „gegoogelt“.
Neben dem reinen Bewertungstext ist für Internetnutzer die Sternevergabe von großer Bedeutung. Ein Bewerter kann beispielsweise bei Google 1 (Mindestwertung) bis 5 Sterne (Höchstwertung) vergeben. Möglich ist bei Google zudem eine Sternevergabe ohne jeglichen Begleittext. Die Bewertungen erscheinen auf den Google Business-Profilen/Google-Maps der Ärzte oder Unternehmen und vermehrt auch bei deren organischen Suchergebnissen.
Da die Anzahl der "Google-Sterne" dem Interessierten auch ohne Lesen der Bewertungstexte sofort ins Auge springt, spielt auch die von Google errechnete, durchschnittliche Sternebewertung aller Bewerter insgesamt, eine immer größere Rolle. Nicht alle Leser können oder wollen sich die Zeit zum Lesen der vollständigen Bewertungstexte nehmen. Folglich bleibt der erste Eindruck der Gesamt-Sternebewertungen entscheidend, zumal hierdurch eine direkte Vergleichbarkeit mit den ebenfalls aufgelisteten Wettbewerbern ermöglicht wird.
Die hohe Bedeutung einer jeden Google-Bewertung wird insbesondere auch daran sichtbar, dass diese bei der viel genutzten Google-Maps-Suche hervorgehoben angezeigt wird. Diese hohe Sichtbarkeit impliziert bei positiven Bewertungen eine gewisse Reputation mit erheblichem Werbewert. Negative Bewertungen bewirken das Gegenteil und sind insbesondere bei einer geringen Anzahl von Bewertungen, ein direkt ersichtlicher Negativfaktor für potenielle Kunden bzw. Patienten.
Die Bedeutung des Portals kununu ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Viele potentielle Mitarbeiter erkundigen sich im Vorfeld einer Bewerbung bei kununu. Denn die Bewertungen enthalten zu einer Vielzahl von einzelnen Aspekten, z.B. "Arbeitsatmosphäre, Work-Life-Balance, Kollegenzusammenhalt oder auch Vorgesetztenverhalten" eine ausführliche Beschreibung zu dem jeweiligen Arbeitgeber. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Bewertung rechtswidrige Inhalte enthält oder gar nicht von einem tatsächlichen, früheren Mitarbeiter stammt. Dies kann im Einzelfall zu erheblichen Imageschäden führen und letztlich auch potentielle Bewerber von einer Bewerbung abhalten.
Online-Reputation und Online-Strategie:
Wie ist nun sinnnvoll in Fällen von rechtswidrigen und damit unzulässigen Bewertungen vorzugehen?
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Umgang mit Bewertungen stets im Rahmen einer durchdachten Online-Strategie erfolgen sollte. Das Phänomen der Internetbewertungen ist für viele noch "Neuland" und manche werden erst durch Kunden/Patienten oder eine zufällige Entdeckung auf negative Bewertungen aufmerksam gemacht. Im Falle einer negativen Bewertung, insbesondere bei insgesamt wenigen Rezensionen, können die Folgen für die Betroffenen jedoch erheblich sein.
Auch aufgrund der schnellen und einfachen Verbreitung digitaler Inhalte im Internet sind nachhaltige Rufschädigungen sowie Umsatzrückgänge zu befürchten, da potentielle Kunden sich online informieren und hierbei eher einen besser bewerteten Mitbewerber kontaktieren. Dies ist für Unternehmer besonders ärgerlich in Fällen, in denen unzulässige (z.B. Rachebewertungen, Fake-Bewertungen) erfolgen und dadurch dem Bewerteten bewusst geschadet werden soll. Ein Ignorieren ist spätestens in solchen Situationen schwierig und daher auch selten zu empfehlen.
Ein falsches Reagieren, z.B. die eigene, unbedachte Kontaktaufnahme mit einem Bewerter (falls bekannt) kann jedoch auch problematisch sein und ggf. die Situation noch eskalieren lassen. Die Möglichkeit, z.B. über Google direkt auf die Rezension zu antworten ist selten zu empfehlen, zumal hierbei auch Aspekte des Datenschutzes bzw. einer vorhandenen Schweigepflicht (beispielsweise bei Ärzten) zu berücksichtigen sind.
Bei jedem Löschungsfall sollten deshalb auch taktische Überlegungen berücksichtigt werden. Problematisch ist auch der Fall, dass gegen eine Bewertung bei einer Internetseite erfolgreich vorgegangen wird, jedoch als Reaktion/Rache hierauf dieselbe Bewertung nun bei einer Vielzahl anderer Plattformen in anonymer Form erscheint. Gerade in Zeiten, in denen über die Online-Medien mit einfachsten Mitteln eine immense Reichweite hergestellt werden kann, ist der Aspekt einer möglichen Eskalation nicht zu vernachlässigen.
Vorgehen in Bewertungsfällen:
Wie verhalte ich mich nun konkret als Betroffener einer negativen Bewertung?
Betroffene von negativen Bewertungen sind nicht schutzlos. In jedem Einzelfall sollte geprüft werden, ob ein Löschungsantrag bei dem verantwortlichen Betreiber der Suchmaschine bzw. der Plattform Erfolgsaussichten hat. Dies ist bei rechtwidrigen Bewertungen (beispielsweise unwahre Tatsachenbehauptungen, beleidigende Äußerungen, Schmähkritik) grundsätzlich der Fall, da hierin ein Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) liegt.
Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass rechtswidrige Passagen nicht zwingend zu einer Löschung der Bewertung insgesamt führen müssen. Dies hat zur Folge, dass die (negative) Bewertung mit den rechtlich zulässigen Bestandteilen, weiterhin veröffentlicht werden darf und hiernach auch die geringe Sterneanzahl Bestand hat.
In bestimmten Fällen liegt auch ein Verstoß gegen die Google-Richtlinien vor, sodass auch unter diesem Aspekt eine Entfernung oder zumindest Teillöschung in Betracht kommt. Gemäß der Google-Richtlinien sind u.a. folgende Inhalte verboten:
- Inhalte, die nicht auf realen Erlebnissen basieren, beispielsweise in Fällen in denen kein Patienten- oder Kundenverhältnis existiert
- Spam und gefälschte Inhalte
- Interessenkonflikte, z.B. negative Inhalte über eine aktuelle oder frühere Berufserfahrung oder negative Inhalte über einen Mitbewerber, um dessen Bewertungen zu beeinflussen, sog. Fake-Bewertungen
- Inhalte, in denen private oder vertrauliche Informationen, wie beispielsweise medizinische Daten zu sehen sind, sind nicht zulässig. Das gilt sowohl für Ihre eigenen Daten als auch für die anderer Personen.
Das die Bewertung veröffentlichende Portal ist grundsätzlich verpflichtet, die Löschungsaufforderung an den Bewerter weiterzuleiten. Dieser hat dann die Möglichkeit, hierauf zu antworten und ggf. erforderliche Nachweise beizubringen. Erst im Anschluss wird von Seiten des Portals entschieden, ob die Rezension (teil)gelöscht wird oder nicht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, BGH, Urteil vom 09.08.2022 - VI ZR 1244/20, Fundstelle openJur 2022, 16527 reicht es in Fälllen, in denen kein Geschäftskontakt stattgefunden hat, bereits aus, die Prüfpflichten des Bewertungsportals auszulösen. Diese Rechtsprechung ist von großer praktischer Bedeutung. Hiernach muss der Portalbetreibernach, nach Erhalt einer Löschungsaufforderung, den Bewerter dazu auffordern, nowendige Nachweise in nachprüfbarer Form vorzulegen. Liefert der Bewerter diese Nachweise nicht, z.B. einen Kaufbeleg oder einen Arbeitsvertrag, erfolgt eine Löschung der Gesamtbewertung.
Bei einem Löschungsanspruch kommt auch in Betracht, neben dem Portal zusätzlich auch den Bewerter (falls bekannt) abzumahnen und zur Unterlassung aufzufordern.
Sofern die Löschung einer Bewertung aus rechtlichen Gründen nicht erreicht werden kann, ist in Einzelfällen auch die - wohlüberlegte - Kommentierung einer Bewertung sinnvoll. Dies zeigt, dass sich der Bewertete mit Kritik sachlich auseinandersetzt und Feeback ernstnimmt.
Die jedem Nutzer offenstehende Möglichkeit eine Bewertung selbst zu melden, führt oftmals nicht zu dem erwünschten Ergebnis. Dies liegt auch daran, dass die erforderliche Begründung auch eine auf den Einzelfall zugeschnittene Auseinandersetzung mit der Rechtslage erfordert. Die Einschaltung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts führt u.a. bei Google und kununu zu meist besseren Ergebnissen.
In vielen Fällen übernimmt auch die Firmenrechtsschutzversicherung, beispielsweise bei Ärzten und Unternehmen, die anwaltlichen Kosten.
Fazit:
Da heute nahezu jedes Unternehmen bewertet werden kann und die Vorteile positiver Bewertungen die heute so wichtige Online-Reputation stark beeinflussen, muss auch die Kehrseite, nämlich eine unerwünschte Bewertung, als grundsätzlich zulässiges Mittel akzeptiert werden. Verlässt eine Bewertung aber den rechtlichen Rahmen, ist eine Löschung sinnvoll und in vielen Fällen auch erfolgreich. Wichtig ist es daher, zunächst den Sachverhalt und Hintergrund jeder Rezension zu analysieren und sowohl die Rechtslage als auch die möglichen Konsequenzen im Rahmen der Reaktionsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Eine tiefere Auseinandersetzung mit dieser Thematik kann aufgrund der nachweislichen Werbeeffekte von Bewertungen nur von Nutzen sein. Dies gilt auch unter dem Aspekt, dass in der Zukunft sogar mit einer weiter steigenden Bedeutung des Phänomens der Online-Reputation, insbesondere auf Grundlage von Bewertungen/Rezensionen gerechnet werden muss.
Darüber hinaus sollten auch die Vorteile einer aktiven Reputationsstrategie genutzt werden. Hierzu kann auch gehören, zufriedene Kunden oder Patienten zu motivieren, ihre Erfahrungen in Form einer eigenen Bewertung, z.B. bei Google, mitzuteilen. Bei einer Vielzahl positiver Rezensionen fällt auch eine einzelne schlechtere Bewertung weniger ins Gewicht. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass ausschließlich Top-Bewertungen weniger glaubwürdig sein können, als eine breite und differenzierte Bewertungshistorie über einen langjährigen Zeitraum.
Gerne beraten wir Sie:
Sofern bei Ihnen der Fall einer möglicherweise unzulässigen Bewertung vorliegt oder Sie grundsätzlichen Beratungsbedarf haben, kontaktieren Sie uns einfach. Profitieren Sie von unserer jahrelangen Erfahrung bei Internet-Bewertungen. Nutzen Sie auch die Möglichkeit, eine telefonische und unverbindliche Ersteinschätzung für Ihren Fall zu erhalten.
Sofern Sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, stellen wir für Sie gerne eine kostenlose Deckungsanfrage bei Ihrer Versicherung. Selbstverständlich vertreten wir Sie auch in Fällen, in denen kein Deckungsschutz besteht. Hier ist häufig die Vereinbarung eines fairen Pauschalbetrages möglich.
Gerne können Sie uns auch einen Link bzw. einen Screenshot der Bewertung schicken und wir melden uns unverbindlich bei Ihnen.
Ihr Ansprechpartner
Rechtsanwalt
Roman W. Amonat, LL.M. (IT-Recht)
Fon: 0211 - 355 82 74 in Düsseldorf oder 0201 - 451 74 40 in Essen
E-Mail: kanzlei@ra-amonat.de
www.ra-amonat.de